Gedanken zum Thema „Ehrenamt und gute Führung“

Als Selbständige ohne Angestellte erlebe ich Führung meist aus einer Betrachterperspektive und eher selten konkret auf mich bezogen. Die Frage, was mich motiviert bzw. demotiviert, fiel daher erst jetzt auf „fruchtbaren“ Boden. Denn: Ich bin gerade demotiviert! Warum: weil auch ehrenamtliche Arbeit gute Führung braucht.

Konkret: Ich habe in den letzten Monaten aus Interesse am Thema an ehrenamtlichen Treffen zum Thema Mediation teilgenommen. Die Gruppe, die ich besuchte, ist anscheinend dabei sich neu zu finden bzw. zu organisieren. Eigentlich eine tolle Chance für mich, mitzuarbeiten und mich einzubringen – dachte ich zumindest.
Beim ersten Treffen haben wir Erwartungen an die Gruppenarbeit gesammelt – eine gute Vorgehensweise, die auch zu vielen interessanten Ideen und Ansätzen führte. Ich fühlte mich bei der Frage allerdings etwas überfordert, da ich die Gruppe gar nicht kannte und so Schwierigkeiten hatte, meine Erwartungen zu formulieren. Die Sammlung sollte der Ausgangspunkt – so hatte ich es verstanden – für die weitere Diskussion der Vorgehensweise beim nächsten Treffen sein.
Vor dem nächsten Treffen habe ich also ausführlich das Protokoll des Treffens gelesen, für mich Begriffe geclustert, um sie möglichen Vorgehensweisen und Vor- und Nachteilen dieser Vorgehensweisen zuzuordnen. Aber: als ich – aus meiner Sicht gut vorbereitet – zu dem Treffen kam hing dort eine Tagesordnung, die dieses Thema überhaupt nicht ansprach. Ich war verwirrt. Hatten wir nicht ausdrücklich beim letzten Mal besprochen, daß ……?
Glücklicherweise war ich in meiner Verwirrung nicht alleine …… So sprachen wir dann – zumindest einen Teil der Zeit – über dieses für die Gruppe wichtige Thema. Ja, ich wagte mich sogar vor und bot an, daß wir die Tagesordnung für das nächste Treffen gemeinsam erarbeiten (und ich dies koordiniere), um die allen Teilnehmern wichtigen Punkte anzusprechen. Dieser Vorschlag wurde angenommen.
Gesagt, getan – ich habe kurz nach Erhalt des Protokolls eine (wie ich finde) nette Email geschrieben, in dem ich alle Interessierten zur Mitarbeit an der Tagesordnung eingeladen habe. Um Vorschläge (ohne Namensnennung) zu sammeln habe ich ein Etherpad eingerichtet. Ja, vielleicht war das des Neuen zu viel …. Aber: was dann passierte hat mich doch überrascht. Eine Woche nach meinem Email erhielt ich eine Email des Vorstandes mit einer Tagesordnung im Entwurf. Ja, richtig – mit einer Tagesordnung im Entwurf. Ich war – wieder mal – verwirrt. Sollte nicht ich ……? Das Protokoll des letzten Treffens behauptete unverändert, daß ich diese Aufgabe übernommen hatte, aber ……… Und nein, das „Gruppenthema“ war wieder nicht auf der Tagesordnung. Können Sie sich vorstellen, wie ich mich in dem Moment fühlte?
Nun ja, dies ist nun ein paar Tage her und ich schnaube mittlerweile nicht mehr ganz so laut. Aber demotiviert bin ich schon irgendwie. Warum?
– ich hätte mir eine kurze Begründung/Information zu der vom Protokoll abweichenden Vorgehensweise gewünscht. Vielleicht gibt es ja gute Gründe – aber ich kenne sie nicht!
– ich fühle mich nicht ernst genommen
– ich fühle mich nicht auf Augenhöhe behandelt
– ich zögere jetzt, weitere Vorschläge zu unterbreiten („was, wenn es wieder so läuft …“)
– mein Vertrauen in Beschlüsse und Protokolle der Gruppe ist „etwas“ eingeschränkt ….
Ja, sicher – man kann an diesen Punkten arbeiten und ich werde gespannt verfolgen, wie die Gruppe sich entwickelt. Aber etwas mehr „Kommunikation“ hätte aus meiner Sicht zu etwas weniger „Irritation“ geführt.

Jetzt werden Sie sich fragen, was das mit meinem Bedürfnis nach guter Führung zu tun hat. Viel – sogar viel mehr, als ich ursprünglich dachte. Dies ist mir allerdings erst klargeworden, als ich diesen Blogbeitrag geschrieben habe:
Führung ist die zielgerichtete Gestaltung. Gerade bei der ehrenamtlichen Arbeit möchten wir gemeinsam das (hoffentlich) gemeinsame Ziel erreichen. Natürlich werden zu einem bestimmten Zeitpunkt Aufgaben und konkrete Verantwortlichkeiten „verteilt“ – z.B. durch die Wahl von Vorständen in Vereinen oder auch „nur“ durch die Festlegung, wer sich um welche Bereiche bzw. um welche Aufgaben kümmert. Eine rein „hierarchische“ Wahrnehmung dieser Ämter und Aufgaben (im Sinne von „ich bin hier der Chef“) mag in akuten Notfällen angemessen sein, sie führt aber im Normalfall nicht zur begeisterten Mitarbeit aller Interessierten und zu einem Gefühl von Respekt und Vertrauen. Gerade die unter Mediatoren immer wieder angesprochene „Augenhöhe“ geht verloren, wenn Amtsträger/Verantwortliche ohne – nachvollziehbaren – Grund gemeinsam getroffene Entscheidungen revidieren bzw. nicht umsetzen. Führt ein autoritärer Führungsstil schon im unternehmerischen Bereich oft zu Frustration und Unfrieden im Team (s. Blogbeitrag), so sind die Auswirkungen im ehrenamtlichen Bereich oft noch gravierender. Hier haben die Interessierten nämlich – statt „Dienst nach Vorschrift“ zu leisten – auch die Möglichkeit, sich gar nicht mehr einzubringen oder nicht mehr zu den jeweiligen Treffen zu kommen. Wenig Engagement und hohe Fluktuation der Teilnehmenden können hier die längerfristig sichtbaren Folgen sein, die bei allen – Verantwortlichen und Interessierten – zu großer Enttäuschung und auch Belastung führen. Gute Führung im Ehrenamt bedeutet nicht, daß alle Vorschläge angenommen und alle Ideen begeistert verfolgt werden müssen – es erfordert aber Respekt und Vertrauen gegenüber allen, die teilnehmen bzw. sich einbringen. Dazu gehört meines Erachtens auch, daß von der Gruppe geäußerte Anliegen (z.B. wichtige Themen) vorrangig behandelt werden, damit die Gruppe gemeinsam erfolgreich arbeiten kann.
Ich weiß, daß gute Führung – sowohl im unternehmerischen Bereich als auch im Ehrenamt – schwierig ist und daß wir alle immer wieder an diesem Thema arbeiten müssen. Ich wünsche mir aber, daß ich in der gemeinsamen Arbeit Respekt, Vertrauen und den Umgang auf Augenhöhe erleben kann. Nur dann habe ich das Vertrauen und die Motivation, selber Verantwortung für die gemeinsame Arbeit der Gruppe zu übernehmen.

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Ein Kommentar zu Gedanken zum Thema „Ehrenamt und gute Führung“

  1. Bianca sagt:

    Hallo Astrid,

    ich kann Deine Gefühle sehr gut nachempfinden, wer wäre nicht demotiviert nach alldem? Hab vielen Dank, dass Du die Gedanken mit uns teilst und bei der Blogparade mitgemacht hast 🙂

    Viele Grüße
    Bianca

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